Schüleraustausch in die USA
Im vergangenen Schuljahr, 2023/24, hatte ich die großartige Chance, an einem Schüleraustausch in die USA zu partizipieren. Möglich gemacht wurde dies vom sogenannten Parlamentarischen Patenschaftsprogramm (PPP) oder auf Englisch Congress-Bundestag Youth-Exchange (CBYX). Wie der Name als erste Vermutung aufkommen lässt, handelt es sich um ein Vollstipendium in Kooperation des Deutschen Bundestages und des amerikanischen Kongresses, um die Völkerverständigung der beiden Staaten zu verbessern und internationale Freundschaften zu stärken.
Dieses Jahr feierte das Programm seinen 40. Geburtstag mit zahlreichen Alumni. Falls Ihr Euch für eine Teilnahme am Programm und die Erlangung des Stipendiums interessiert oder konkrete Fragen habt, sprecht mich gern an! Neben der finanziellen Unterstützung zur Ermöglichung eines Auslandsjahres gehört auch die politische Bildung und das soziale Engagement zu den Vorteilen des PPP.
Im August 2023 ging es für mich in den Flieger nach South Dakota, wo mich eine unglaublich herzliche Gastfamilie erwartete. Bestehend aus meiner Gastmutter, meinem Gastvater, Gastbruder und einer anderen Austauschschülerin aus Italien haben sie mir ermöglicht, zehn Monate lang in ihrem Haus zu leben und ein Teil ihrer Familie zu werden. Ich stehe immer noch in sehr engem Kontakt zu ihnen, anderen Familienmitgliedern und meinen Freunden dort.
Für einen Midwest-Staat wie South Dakota ist es wenig verwunderlich, dass Landwirtschaft eine große Rolle spielt. Mein Gastbruder und- vater waren beide in Farming- und Ranching- Berufen tätig, der Großteil meiner KlassenkameradInnen ebenfalls. Ich war selbst mehrere Male auf der Farm und habe bei der Einsaat, Ernte und Viehzucht geholfen. Meine Lieblingstätigkeit war das Füttern von Flaschenkälbern. Ein großer Vorteil der landwirtschaftlichen Präsenz war das überwältigende Angebot an regionalen Produkten. Man wusste immer, wo sein Essen herkam, der Käse kam von einem Milchbauern nur ein paar Meilen weg. Auffällig war, wie ambitioniert und passioniert jede und jeder in Hinsicht auf die Arbeit war. Abends traf man sich häufig in den Garagen von Bekannten, um an Fahrzeugen zu schrauben.
Ich hatte ebenfalls die Möglichkeit, die Ranch meines Gastopas in Nebraska zu besuchen und ihm beim Treiben, Impfen und Taggen der Kühe und Kälber zur Hand zu gehen. Für ein einwöchiges Politik-, Geschichts- und Völkerverständigungsseminar bin ich im November mit anderen PPPlerInnen nach Washington D.C. geflogen. Ein besonderer Höhepunkt war ein Treffen mit dem South Dakota Senator Dusty Johnson im Kapitol, eine Spaziertour am Weißen Haus vorbei und die Besichtigung der Bibliothek des Kongresses (auch Jefferson’s Library genannt), welche so wunderschön ist, dass sie mir noch immer kristallklar im Gedächtnis ist.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil meines Stipendiums ist die Freiwilligenarbeit, die dazu dient, seiner Gast-Community etwas zurückzugeben. Ich entschied mich also, im Altersheim zu arbeiten und absolvierte im Laufe des Jahres ungefähr 250 Stunden Sozialarbeit. Die BewohnerInnen sind mir unglaublich ans Herz gewachsen und die Tätigkeit war wahrlich erfüllend.
Einer der größten Unterschiede zwischen Deutschland und den USA war die schulische Ausbildung. Während die Schule dort deutlich einfacher war, war sie sehr viel mehr berufs- und zukunftsorientiert. Wahlklassen wie Anatomie und Physiologie oder acht verschiedene Landwirtschaftsklassen boten Gelegenheit auszuprobieren, in welche Richtung man sich beruflich entwickeln möchte und eine verpflichtende Anwesenheit in Personal Finance versicherte einen finanziell gut aufgestellten und verantwortungsbewussten Start in die Welt der Erwachsenen. Gegensätzlich populärer Vorurteile waren die AmerikanerInnen an meiner Schule intelligent und wiesen ein ausgeprägtes Allgemeinwissen auf.
Schulsport erfüllt in den USA weiterhin einen großen Stellenwert. So nutzte ich beispielsweise die Möglichkeit, während der Herbst-Saison Volleyball zu spielen. Es war sehr zeitintensiv und anstrengend, aber hat sich definitiv gelohnt, weil der Teamzusammenhalt überwältigend und die TrainerInnen unglaublich hilfreich waren. Anwesend war ich auch zur South Dakota Volleyball-Meisterschaft, für die sich die jeweils acht besten Teams qualifizierten und unser Team schlussendlich den 4. Platz belegte. Ich durfte bei unzähligen Saisonspielen aller Sportarten zusehen, anfeuern und Essen für unsere zahlreichen Schulclubs verkaufen. Der Zusammenhalt aller SchülerInnen wurde durch sportliche Veranstaltungen ständig gestärkt.
Der April war für mich persönlich ein Monat, der viele Highlights bereithielt. Dazu gehörten der Prom, State FFA und State FCCLA. Ersteres ist ein jährlicher Abschlussball für Elft- und Zwölftklässler, zu dem wir alle als Pärchen mit Ballkleidern und Anzügen erschienen und nach dem offiziellen Teil, bestehend aus mehreren Läufen, in denen Bekleidung Freunden und Familien zur Show gestellt wurde und zahlreiche Fotos gemacht wurden, folgte dann ein Programm mit Hypnotiseur, Tanzen und Hüpfburgen.
State FFA meint die South-Dakota-Meisterschaft in landwirtschaftlichen Kategorien. Mein Wettbewerb beschäftigte sich mit der Identifizierung von über 100 verschiedenen Unkräutern und Getreidesorten, welche wir nur anhand der Pflanze oder nur anhand der Samen erkennen mussten. Dazu gehörte auch das korrekte Feststellen unterschiedlicher Maisarten oder das Erkennen, ob es sich beim Weizen derselben Sorte um ein Korn handelt, das im Winter oder im Sommer wächst. Ein schriftlicher Test sowie ein Teilbereich, in dem wir Proben derselben Getreidesorten von eins bis vier in Hinsicht darauf klassifizieren sollten, welches sich am besten entwickelt und am reinsten ist, dies gehörte ebenfalls zum Wettbewerb. Schlussendlich belegte ich den 12. Platz aus 140 qualifizierten Teilnehmern des Staates.
Die State FCCLA, welches sich mit guten Lebens- und Führungsqualitäten auseinandersetzt, stellten mein Partner und ich einen Vortrag zum Thema gesunder Ernährung, Konsequenzen von schlechter Ernährung und Möglichkeiten, seine Nahrungsaufnahme zu verbessern, vor. State FFA und FCCLA dauerten beide jeweils drei Tage an, da sie mit neben den eigentlichen Wettbewerben auch mit Konferenzen und Workshops einhergingen.
Persönlich verändert sich durch ein Auslandsjahr auch viel. So weit weg vom gewohnten Umfeld lernt man Freunde, Lösungen und Glück selbst zu finden sowie eine Menge über die eigene Person.
Ich würde jedem, der ein Auslandjahr in Erwägung zieht raten, es anzugehen, da es eine Chance ist, zu reifen, neue Dinge auszuprobieren und sich auf die Welt vorzubereiten, die einen erwartet, wenn man mit der Schule fertig ist. Außerdem erlangt man eine zweite Heimat. Bei Fragen oder Bedenken zu diesem Thema oder dem Stipendium stehe ich Euch sehr gern für Fragen zur Verfügung!
Lilly Altenkirch
Bild zur Meldung: Schüleraustausch in die USA